Ukraine-Gipfel in Paris: Donald Trump hat die Weichen gestellt – Europa sucht nach Antworten
Die USA machen Druck, Europa muss handeln – aber wie? Beim Ukraine-Sondergipfel in Paris beraten Regierungschefs über eine gemeinsame Linie.
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Die USA machen Druck, Europa muss handeln – aber wie? Beim Ukraine-Sondergipfel in Paris beraten Regierungschefs über eine gemeinsame Linie.
Kurze Wahlkampf-Pause für Olaf Scholz: Der Bundeskanzler reiste auf Einladung Emmanuel Macrons an diesem Montag zu einer eilig einberufenen Krisensitzung über den Ukrainekrieg nach Paris. Der informelle Gipfel brachte europäische Regierungschefs an einen Tisch, die "fähig und gewillt" seien, so die diplomatische Formulierung des Élysée-Palastes: Blockaden sollen vermieden, gemeinsame Wege vorangetrieben werden. Oder anders gesagt: Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán war offenbar nicht erwünscht.
Angesichts der US-amerikanischen Positionen müsse Europa sich "stärker, besser und kohärenter" für die kollektive Sicherheit auf dem Kontinent einsetzen, hieß es im Vorfeld seitens des Gastgebers. Neben Frankreich und Deutschland nahmen Großbritannien, Polen, Italien, Spanien, und die Niederlande teil. Dänemark repräsentierte die skandinavischen und baltischen Staaten; Nato-Generalsekretär Mark Rutte und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen waren ebenfalls vor Ort.
Ukraine-Treffen ist Auftakt und Weckruf
Paris versteht das Treffen als Auftakt für weitere Gespräche – und wohl auch als Weckruf für die EU. Statt darüber zu lamentieren, dass die USA über den Kopf Europas und der Ukraine hinweg mit Wladimir Putin diskutiert, solle man sich darüber verständigen, wie und zu welchen Bedingungen Europa im Falle eines Waffenstillstandes die Sicherheitsgarantien gewährleisten könne. Das zumindest ist die Position Frankreichs, wo Emmanuel Macron vorsichtige Sondierungen im Hinblick auf eine europäische Truppe zur militärischen Absicherung bereits aufgenommen hat.
Zur Erinnerung: Vor fast genau einem Jahr hatte Macron mit seiner Aussage, dass man zur Sicherung Europas auch die Entsendung von Bodentruppen in die Ukraine nicht ausschließen dürfe, für Aufruhr gesorgt. Vor allem Olaf Scholz zeigte sich empört und distanzierte sich mit drastischen Worten von seinem französischen Partner. Macron schien in Europa isoliert. Doch nun entfaltet Frankreichs Beharren auf eine souveräne strategische Re-Positionierung der EU eine neue Dringlichkeit: Wenn die Europäer einen Platz am Gesprächstisch mit den USA haben wollen, müssen sie handeln – und eigene Ziele und Ideen formulieren.
Bereits seit November, noch vor der Wiederwahl Donald Trumps, diskutiert man in Paris und London über eine verstärkte Zusammenarbeit in der Ukraine im Falle eines Rückzugs der USA. Vergangenen Sonntag hat Großbritannien sich nun bereit erklärt, bei Bedarf zur Sicherung eines Waffenstillstandes Soldaten in der Ukraine zu stationieren. Auch Schweden erwägt die Beteiligung an einer europäischen Friedenstruppe. Das Kalkül hinter dieser Diskussion: Wenn die Europäer ein Konzept vorlegen und konkret sagen, wie Sicherheitsgarantien für die Ukraine aussehen könnten, müssen sie auch bei potenziellen Verhandlungen über ein Abkommen einbezogen werden. Schließlich geht es nicht nur um die Zukunft der Ukraine.
Scholz: Gespräche über europäische Friedenstruppe "verfrüht"
Auf deutscher Seite hingegen hält man Gespräche über europäische Truppen für verfrüht. Die Ukraine befinde sich immer noch in einem "brutalen Krieg", betonte Bundeskanzler Olaf Scholz, der das Pariser Treffen aufgrund eines Termins in Berlin bereits gegen 19 Uhr verlassen musste. Seine Position war schon vor Beginn des Gipfels kommuniziert worden. Auch sonst hätte sie wohl kaum jemanden überrascht: Deutschland stoppt, während Frankreich und Großbritannien Tempo machen: Die Rollenverteilung ist inzwischen bekannt. Für Verwunderung sorgte – zumindest unter nicht-deutschen Journalisten – allerdings Scholz' Aussage, es sei eine Debatte "zur falschen Zeit und über das falsche Thema". Offenbar scheint man in Deutschland ein Verhandlungsergebnis über die Zukunft Europas abzuwarten statt mitgestalten zu wollen.
Nach gut dreieinhalb Stunden endete das Treffen im Élysée-Palast, eine Zusammenkunft, über die Frankreichs Präsident Emmanuel Macron noch kurz vor Beginn Donald Trump informiert hatte. Wegweisende Beschlüsse gab es nicht, aber das hatte im Vorfeld auch niemand erwartet. Immerhin eine Linie zeichnet sich drängender denn je ab: Um die Zusammenarbeit mit den USA fortzuführen, brauchen die Europäer einen glaubwürdigen und überzeugenden Plan für ihre Verteidigung und Strategie. Viel Geduld wird die Trump-Regierung nicht aufbringen.